Strenge 1-Euro-Wertgrenze bei Werbegeschenken zur Advents- und Weihnachtszeit

Urteil des OLG Stuttgart vom 22.02.2018 (Az.: 2 U 39/17) - „Unsere 6 gegen Erkältung“

Zu Beginn der Advents- und Weihnachtszeit stehen viele Podologinnen und Podologen vor der Frage, ob sie ihren Patienten mit kleinen Geschenken für ihre Treue zu ihrer podologischen Praxis danken sollen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, weil solche Geschenke, mögen sie auch noch so gut gemeint sein, als Werbung im Bereich von Heilmitteln gelten und der besonders strengen Vorgabe des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) unterfallen.

§ 7 HWG verbietet nämlich die Gewährung von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben, es sei denn, es handelt sich dabei „um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produkts … gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten“. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung sicherstellen, dass der Endverbraucher vor unsachlichen und potentiell gesundheitsgefährdenden Beeinflussungen geschützt wird.

In dem durch das OLG Stuttgart entschiedenen Fall hatte ein pharmazeutisches Unternehmen ungefragt an Apotheken ein Ensemble von insgesamt sechs verschreibungsfreien Arzneimitteln gegen Erkältungskrankheiten („Unsere 6 gegen Erkältungen – Eine gesunde Herbst- und Winterzeit wünschen die 6 Richtigen von X“) zur unentgeltlichen Weitergabe an deren Kunden und Kundinnen versandt. Der Gesamtverkaufspreis der sechs Produkte, bei denen es sich jeweils um die kleinsten Größen handelte, machte dabei 48,16 EUR, der Einkaufspreis 27,47 EUR aus.

Das OLG Stuttgart entschied zunächst, dass die Werbegabe damit deutlich den vom Bundesgerichtshof (BGH) angenommenen Wert für „Gegenstände von geringem Wert“ bzw. „geringwertige Kleinigkeiten“ überstieg. Dieser liegt bei 1,00 EUR. Das OLG bestätigte damit zunächst die Rechtsprechung des BGH zur Werbung mit Geschenken gegenüber Endverbrauchern, für welche die strenge Wertgrenze von 1,00 EUR gilt (BGH, Urteil vom 08.05.2013, I ZR 98/12).

Zugleich erweiterte das OLG Stuttgart die Anwendbarkeit dieser strengen Wertgrenze auch auf die Werbung gegenüber von Angehörigen der Fachkreise, hier der Apotheker. Es begründete seine Auffassung damit, dass bei Angehörigen der Fachkreise, also Angehörigen von Heilberufen oder des Heilgewerbes sowie Gesundheitseinrichtungen (§ 2 HWG), „keine höhere Schwelle der Beeinflussung liegt“. Denn nach psychologischen Erkenntnissen fühlt sich der Beschenkte zu einer Gegenleistung verpflichtet, so dass die beschenkten Apotheker geneigt wären, die Produkte des entsprechenden pharmazeutischen Unternehmens ihren Kunden besonders zu empfehlen.

Da der BGH zur Frage der Wertgrenze von Werbegeschenken gegenüber Fachkreisen bislang keine Entscheidung getroffen hat, verdient das Urteil des OLG Stuttgart besondere Beachtung. Für die podologische Praxis bedeutet die Rechtsprechung konkret: Sowohl gegenüber Patienten und Patientinnen als auch gegenüber Ärzten, Angehörigen nichtärztlicher Gesundheitsberufe und Gesundheitseinrichtungen dürfen Geschenke zur Advents- und Weihnachtszeit die 1-Euro-Wertgrenze nicht übersteigen. Andernfalls liegt ein Wettbewerbsverstoß vor, der durch Abmahnung verfolgt werden kann.

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