Privatärztliche Verordnungen per Mouseklick? Zu Risiken und Nebenwirkungen telemedizinischer Angebote für Podologen

Es werden in jüngerer Zeit gegenüber podologischen Praxen telemedizinische Angebote zur Ausstellung privatärztlicher Verordnungen gemacht. Der Vorteil: Bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung ist die von Podologen für die Behandlung verlangte Vergütung nicht mehrwertsteuerpflichtig, so dass 19 Prozent des in Rechnung gestellten Betrags dem Podologen selbst verbleiben.

Das Angebot ist wie folgt ausgestaltet: Ein Patient ohne Verordnung sucht die podologische Praxis auf. Der Podologe loggt sich über das Online-Angebot ein und fertigt während der Patientenberatung ein oder mehrere Fotos des Fußes bzw. der Füße an, die im Wege telemedizinischer Fernbehandlung von einem Arzt des Anbieters begutachtet werden, der anschließend, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen, dem behandelnden Podologen eine Verordnung für den Patienten zukommen lässt.

Grundsätzlich können solche Online-Modelle rechtskonform sein. Es bestehen aber Grenzen und Risiken, die sich insbesondere aus der Regelung des § 7 Abs. 4 MBO-Ä ergeben:
Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikations-medien durchführen. Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patientin oder den Patienten unmittelbar behandelt.

Die so im Jahr 2018 beschlossene Neufassung der berufsrechtlichen Regelung bedeutet konkret:

  • Auch bei Fernbehandlungen muss der Grundsatz der ärztlichen Beratung und Behandlung im persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient erfolgen. Digitale Techniken dürfen nicht die persönliche Zuwendung des Arztes ersetzen.
  • Mindestens einem beteiligten Arzt soll der Patient und der zu behandelnde Zustand aufgrund einer persönlichen Untersuchung bekannt
  • Telemedizinische Primärarztmodelle sind deshalb zu vermeiden.
  • Der Arzt hat im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Fernbehandlung im konkreten Fall möglich ist.
  • Ist unter diesen Voraussetzungen eine Fernbehandlung möglich, so muss gleichwohl Beratung und Dokumentation durch den Arzt in einem unmittelbaren Kontakt mit dem Patienten gewährleistet sein.

Jeder Podologe sollte bei Beanspruchung dieser Dienste für sich selbst prüfen, ob die genannten Voraussetzungen vom fernbehandelnden Arzt erfüllt werden, um sich nicht an einem unzulässigen Modell zu beteiligen.

Dr. Karin Althaus-Grewe, Rechtsanwälte E&S, im März 2023

 

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