Nepper, Schlepper, Bauernfänger!

Achtung wegen möglicher Schmerzensgeldansprüche bei Verwendung von „Google Fonts“

In den letzten Tagen versendet ein Rechtsanwalt Kilian Lenard - dem Vernehmen nach massenweise - Aufforderungen zur Zahlung von Schmerzensgeldzahlungen wegen Verletzung von Datenschutzbestimmungen. Konkret geht es um die Verwendung des Dienstes „Google Fonts“ auf Webseiten, ohne dass hierfür zuvor die Einwilligung der Webseitenbesucher eingeholt wurde. Der genannte Dienst leitet die aufgrund des Besuchs gespeicherte dynamische IP-Adresse an seinen mit Sitz in den USA befindlichen Konzern weiter, für welches Drittland weder ein Angemessenheitsbeschluss noch angemessene Garantien gemäß Art. 45 ff. DSGVO bestehen. Deshalb darf die Weiterleitung grundsätzlich nur aufgrund einer datenschutzrechtlichen Einwilligung erfolgen. Der Gestaltung liegt offenbar ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts (LG) München vom 20.01.2022 (Az.: 3 O 17493/20 - IP-Adressenweiterleitung; zitiert nach juris) zugrunde, welches sowohl Unterlassungsansprüche des IP-Adressen-Inhabers gegen den Webseitenbetreiber mit daraus folgenden Aufwendungsersatzan-sprüchen für die rechtsanwaltliche Abmahnung als auch ein Schmerzensgeld in Höhe von 100,00 EUR zugesprochen hatte.

Die Zahlungsaufforderungen der o.g. Kanzlei dürften bereits unschlüssig sein, da nicht deutlich wird, in wessen Namen der Rechtsanwalt handelt. Es werden eine „IG Datenschutz“ und ein Herr Martin Ismail als angeblicher Webseitenbesucher genannt, ohne dass die jeweilige Beauftragung nachgewiesen wäre. Ferner werden keine Unterlassungsansprüche, sondern ausschließlich Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass es sich um eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung handelt. Für die podologische Praxis ist vor diesem Hintergrund Folgendes zu empfehlen:

  • Prüfen Sie die Webseite Ihrer Praxis auf die Einbindung von Tracking- und Profiling-Diensten sowie Diensten, die die erhobenen personenbezogenen Daten, zu denen bereits die dynamische IP-Adresse zählt, an unsichere Drittländer weiterleiten. Sollten solche Dienste verwendet werden, ist vor Besuch der Website eine Einwilligung einzuholen.

  • Sollten Sie bereits eine Aufforderung zu Schadensersatzzahlungen erhalten haben, sollte vorsorglich rechtsanwaltlicher Rat eingeholt werden, da u.a. die Aktivlegitimation aus dem rechtsanwaltlichen Schreiben nicht klar hervorgeht.

Der Bundesverband für Podologie bietet als Berufsverband und Qualifizierter Wirtschaftsverband i.S.d. UWG regelmäßig Fortbildungen zu rechtlich relevanten Themen an. Die nach wie vor brisanten Themen des Datenschutzes in der podologischen Praxis sind Thema des für Mitglieder kostenfreien Online-Seminars am Montag, den 07.11.2022, 18.00 bis 19.00 Uhr.

Dr. Karin Althaus-Grewe
Rechtsanwältin, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz, E&S Rechtsanwälte, Kriftel, den 29.09.2022

 

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